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Die For­bes TOP10 der Ver­hand­lun­gen, die 2022 ver­än­dern wer­den

Macht­kämp­fe, Wah­len, zivi­le Unru­hen, die anhal­ten­de Pan­de­mie – die Welt hat im Jahr 2021 mehr als genug von allem erlebt. Der Satz „Je mehr sich die Din­ge ändern, des­to mehr blei­ben sie gleich“, den der fran­zö­si­sche Schrift­stel­ler Jean-Bap­tis­te Alphon­se Karr im Jahr 1849 ver­fass­te, könn­te sich als zutref­fend erwei­sen.

Donald Trumps Ver­hand­lungs­stil mit dem Iran unter­schei­det sich deut­lich von dem des neu­en Prä­si­den­ten Joe Biden. Die neue deut­sche Regie­rung hat viel weni­ger mit demo­kra­ti­schen Wah­len zu tun als mit kom­ple­xen Mehr­par­tei­en­ver­hand­lun­gen. Die Welt weiß nicht, ob sie über­haupt mit den Tali­ban in Afgha­ni­stan ver­han­deln soll. Und sowohl Russ­land als auch Chi­na behaup­ten immer noch, sie wür­den ledig­lich ihre Rech­te wahr­neh­men und nicht ver­su­chen, ihre Gren­zen durch mili­tä­ri­sche Aktio­nen aus­zu­wei­ten.

Die­se und wei­te­re Berich­te über Ver­hand­lun­gen, die die Welt im Jahr 2021 ver­än­dert haben und sie im Jahr 2022 prä­gen wer­den, fin­den Sie hier.

10. Trump gegen Biden: Die Iran-Atom­ge­sprä­che

Lässt sich der Iran ernst­haft auf Ver­hand­lun­gen ein, oder will der kürz­lich gewähl­te ira­ni­sche Prä­si­dent Ebra­him Rai­si nur Zeit schin­den, um die nuklea­ren Kapa­zi­tä­ten des Lan­des aus­zu­bau­en und ein zusätz­li­ches Druck­mit­tel bei Ver­hand­lun­gen zu erhal­ten? 

Beob­ach­ter geben die Hoff­nung schnell auf, dass es bald zu einer wie auch immer gear­te­ten Eini­gung kom­men könn­te.

Der Iran möch­te, dass alle der­zei­ti­gen Wirt­schafts­sank­tio­nen auf­ge­ho­ben wer­den, bevor ein Abkom­men in Betracht gezo­gen wird. Die Regie­rung Biden und die Ver­bün­de­ten in den USA for­dern, dass der Iran zunächst zum JCPOA-Abkom­men zurück­kehrt, das wäh­rend der Prä­si­dent­schaft Oba­mas geschlos­sen wur­de. 

Wer wird zuerst ein­len­ken?

Kri­ti­ker des ursprüng­li­chen Abkom­mens, das in der letz­ten Amts­zeit von Prä­si­dent Oba­ma geschlos­sen wur­de, beklag­ten, dass „der Iran in weni­gen Jah­ren so vie­le Atom­spreng­köp­fe her­stel­len kann, wie er will, und auch die Rake­ten, mit denen er sie an jeden belie­bi­gen Ort der Welt brin­gen kann“.

In Über­ein­stim­mung mit die­ser Hal­tung (und nach­dem Oba­ma 1,7 Mil­li­ar­den Dol­lar in bar nach Tehe­ran geschickt hat­te), zog Prä­si­dent Trump die Ver­ei­nig­ten Staa­ten über Nacht aus dem JCPOA zurück und ver­schärf­te die Sank­tio­nen gegen das Land.

Die aktu­el­len Gesprä­che fin­den in Wien statt, wo der Iran, Russ­land, Chi­na, das Ver­ei­nig­te König­reich, Frank­reich, Deutsch­land und die EU noch immer um die Wet­te ver­han­deln. Die ira­ni­schen Unter­händ­ler wei­gern sich, sich direkt mit der Abord­nung der USA zu tref­fen, da sie die­se als „nicht ver­trau­ens­wür­dig“ bezeich­nen. Der Iran stützt sich auf die­se Hal­tung und möch­te, dass die Ver­ei­nig­ten Staa­ten sich ver­pflich­ten, Trumps Hand­lun­gen nie wie­der zu wie­der­ho­len. Aber das ist eine Sache, zu der die US-Ver­fas­sung Prä­si­dent Biden nicht das Recht ein­räumt. Nun, begrenz­te Befug­nis­se kön­nen für einen Ver­hand­lungs­füh­rer von Vor­teil sein.

9. Apple könn­te es nicht: Ama­zon ver­han­delt über den Kauf von MGM

Über die Gesprä­che am Ver­hand­lungs­tisch ist wenig bekannt, aber Kri­ti­ker sagen, dass Ama­zon viel­leicht 4 Mil­li­ar­den Dol­lar mehr gezahlt hat, als die MGM-Stu­di­os wert sein sol­len. Abge­se­hen davon wird Ama­zons Video­ka­ta­log fast dop­pelt so groß sein wie der von Net­flix kon­trol­lier­te Reper­toire, sobald das Geschäft die Prü­fung durch die Bun­des­auf­sichts­be­hör­den bestan­den hat – ein ent­schei­den­der Schritt.

Ande­re Unter­neh­men, dar­un­ter Apple, haben in der Ver­gan­gen­heit um MGM gewor­ben. Aber mit der Ankün­di­gung der Über­nah­me im Mai zu einem Preis von 8,45 Mil­li­ar­den Dol­lar erhält Ama­zon den Zuschlag. Mög­li­cher­wei­se.

Der Vor­sit­zen­de von MGM, Kevin Ulrich, woll­te nicht ver­kau­fen. Und die Ver­ein­ba­rung wird nun von der FTC geprüft, und ein Kon­sor­ti­um von Gewerk­schafts­grup­pen for­dert die FTC auf, den Kauf zu ver­wei­gern. „Ama­zons Ein­fluss auf die Gesund­heit und Viel­falt der Film­in­dus­trie wird wahr­schein­lich nega­tiv sein, wenn dem Unter­neh­men erlaubt wird, grö­ßer zu wer­den“, behaup­tet die­se Orga­ni­sa­ti­on.

Erschwe­rend kommt hin­zu, dass die berühm­ten James-Bond-Fil­me und die damit ver­bun­de­nen Inter­es­sen unter der krea­ti­ven Kon­trol­le von Eon Pro­duc­tions ste­hen. Die­ses Unter­neh­men hat den MGM Stu­di­os stän­dig Kopf­zer­bre­chen berei­tet und wird Ama­zon wahr­schein­lich auch wei­ter­hin zu schaf­fen machen, wenn der Kauf geneh­migt wird. Aber ande­rer­seits: Wenn Net­flix über 500 Mil­lio­nen Dol­lar für Sein­feld bezahlt hat, was sind dann alle Bond-Fil­me wert?

Gute Geschäf­te schaf­fen Wert: Eins plus eins kann viel mehr erge­ben als zwei.  

8.  Die größ­te euro­päi­sche Über­nah­me des Jah­res: Von­o­via erwirbt Deut­sche Woh­nen

In der bis­her größ­ten Über­nah­me auf dem euro­päi­schen Immo­bi­li­en­markt sind zwei deut­sche Kon­kur­ren­ten nun unter einem Dach ver­eint. Von­o­via sicher­te sich die Mehr­heit der Akti­en und 87,6 Pro­zent der Stimm­rech­te an der Deut­schen Woh­nen.

Eine feind­li­che Über­nah­me soll­te es aber nicht wer­den, die Ver­hand­lun­gen ver­lie­fen zunächst auf freund­schaft­li­cher Basis. Am Ende war die Stim­mung der Aktio­nä­re wenig besorg­nis­er­re­gend. Durch die Über­nah­me erhält Von­o­via die Kon­trol­le über mehr als eine hal­be Mil­li­on Woh­nun­gen.

Auf der Haben­sei­te des Kaufs steht die Tat­sa­che, dass die Zusam­men­le­gung der Res­sour­cen der bei­den Unter­neh­men zu einer Sen­kung der Gemein­kos­ten füh­ren dürf­te – und die­se Ein­spa­run­gen könn­ten mög­li­cher­wei­se dazu bei­tra­gen, die Kos­ten­spi­ra­le für die Mie­ter zu dämp­fen. Die nega­ti­ve Sei­te ist natür­lich eine Ver­rin­ge­rung des Wett­be­werbs unter den Ver­mie­tern.

Von­o­via hat bereits zwei­mal ver­sucht, die Deut­sche Woh­nen zu über­neh­men. Zu den Ände­run­gen der Tak­tik, die schließ­lich zum Erfolg führ­ten, gehör­ten die Beauf­tra­gung von Bera­tern, die die Bemü­hun­gen unter­stütz­ten, und die Zusi­che­rung an die Aktio­nä­re der Deut­schen Woh­nen, dass ihre Absich­ten kei­ne feind­li­che Kom­po­nen­te ent­hiel­ten. Letzt­end­lich wur­de die Über­nah­me jedoch ohne die Zustim­mung der Mehr­heit ein­ge­lei­tet. 

Es ist eine ein­fa­che Ver­hand­lungs­tak­tik, die sich oft aus­zahlt: Hart­nä­ckig­keit.

Erschwe­rend kommt hin­zu, dass vie­le Deut­sche der Mei­nung sind, dass die bei­den Unter­neh­men und ande­re wie sie ver­staat­licht wer­den soll­ten. Dies ist ein sehr emo­tio­na­les und poli­ti­sches The­ma in Deutsch­land, einem Land mit einer der nied­rigs­ten Wohn­ei­gen­tums­quo­ten unter den fort­ge­schrit­te­nen Volks­wirt­schaf­ten – die Deut­schen mie­ten ger­ne. Nach einem erfolgreichen Volks­ent­scheid (ohne recht­li­che Fol­gen) ergab eine Umfra­ge, dass eine Mehr­heit der Ber­li­ner Bür­ger die Ver­staat­li­chung von Groß­ver­mie­tern tat­säch­lich befür­wor­tet. Von­o­via ver­sucht, das Pro­blem zu umge­hen, indem es unter ande­rem ver­spricht, 14.000 Woh­nun­gen an die Stadt Ber­lin zu ver­kau­fen und bis 2026 auf Miet­erhö­hun­gen zu ver­zich­ten.

7. End­lich ein Ver­hand­lungs­er­folg: Die Welt­han­dels­or­ga­ni­sa­ti­on

Die Han­dels­be­auf­trag­te der Ver­ei­nig­ten Staa­ten, Kathe­ri­ne Tai, nann­te sie „die ers­te erfolg­rei­che WTO-Ver­hand­lung über Dienst­leis­tun­gen seit Jah­ren“ und schloss die WTO Joint State­ment Initia­ti­ve on Ser­vices Dome­stic Regu­la­ti­ons (DR JSI) im Dezem­ber ab. 

Die neu­en Bestim­mun­gen der DR JSI, die sich auf die Klä­rung von Regeln für den glo­ba­len Han­del kon­zen­trie­ren, zie­len dar­auf ab, die Regu­lie­rungs­prak­ti­ken zu ver­bes­sern und die Han­dels­be­tei­li­gung zu erhö­hen, indem Hin­der­nis­se für kleins­te, klei­ne und mitt­le­re Unter­neh­men (KKMU) besei­tigt wer­den. Dar­über hin­aus ist für den Zugang nun die Nicht­dis­kri­mi­nie­rung auf­grund des Geschlechts erfor­der­lich.

Was hat den Unter­schied aus­ge­macht? War­um hat es mehr als 20 Jah­re gedau­ert, bis die­se Maß­nah­men ein­ge­führt wur­den? Mög­li­cher­wei­se hat die Besorg­nis über die Coro­na­vi­rus-Pan­de­mie den Aus­schlag in eine posi­ti­ve Rich­tung gege­ben. 

Der All­ge­mei­ne Rat der WTO sag­te die 12. Minis­ter­kon­fe­renz (MC12) im Jahr 2020 und erneut im Jahr 2021 ab. Die­se Ver­zö­ge­rung hät­te die Teil­neh­mer der DR JSI dazu ermu­ti­gen kön­nen, die bereits geleis­te­te Arbeit an den neu­en Maß­nah­men zu for­ma­li­sie­ren, anstatt zu war­ten, bis die Pan­de­mie vor­bei ist.

Es ist trau­rig, aber wahr: Live-Ver­hand­lun­gen kön­nen weni­ger effek­tiv sein als eine Rei­he klei­ne­rer E‑Mail‑, Video­kon­fe­renz- oder Tele­fon­ver­hand­lun­gen, wenn zu vie­le Par­tei­en betei­ligt sind.

6. Ver­hand­lung auf rus­si­sche Art: Putin bedroht die Ukrai­ne

Hier ist eine Ver­hand­lungs­tak­tik, die nur weni­ge auf­brin­gen kön­nen: Ver­le­gen Sie mehr als 100.000 Trup­pen in die Regi­on, die Sie erobern wol­len. Russ­land hält den Wes­ten in Atem, um eine dro­hen­de Inva­si­on von Wla­di­mir Putin an der Ost­gren­ze der Ukrai­ne abzu­weh­ren.

Im ver­gan­ge­nen Herbst tra­fen sich Unter­händ­ler aus Russ­land, der Ukrai­ne, Deutsch­land und Frank­reich in Paris, um die Span­nun­gen zwi­schen den bei­den Län­dern abzu­bau­en. Bei die­sen Gesprä­chen konn­te jedoch nicht mehr als ein eher schwa­cher Waf­fen­still­stand erreicht wer­den. 

Russ­land drängt die Ver­ei­nig­ten Staa­ten nun, bestimm­te Sicher­heits­ga­ran­tien zu geben – ein­schließ­lich der Been­di­gung der Mili­tär­hil­fe und der wirt­schaft­li­chen Begehr­lich­kei­ten des Wes­tens in der Ukrai­ne. Putin ver­langt auch, dass der ukrai­ni­sche Staats­chef Wolo­dym­yr Zel­en­s­kij das Inter­es­se der Ukrai­ne an einer NATO-Mit­glied­schaft zurück­weist.

Die Regie­rung Biden reagier­te auf die Auf­sto­ckung der Trup­pen ent­lang der Gren­ze mit der Andro­hung dras­ti­scher wirt­schaft­li­cher Beschrän­kun­gen und einer siche­ren Ant­wort der NATO-Mit­glie­der in der Regi­on. Auch wenn die NATO-Mit­glied­schaft der Ukrai­ne noch in wei­ter Fer­ne liegt, kann Biden ein Veto Russ­lands kaum akzep­tie­ren.

Putins Trup­pen sind bereit, und wenn wir das Sze­na­rio als eine Par­tie Hazard betrach­ten, auf wen wür­den Sie set­zen – Putin oder Biden? Mit sei­nen unver­schäm­ten Kriegs­vor­be­rei­tun­gen hat Putin die Ver­hand­lungs­po­si­ti­on zu sei­nen Guns­ten ver­scho­ben.

5. Wie weit wird der Streit gehen? Chi­na-Tai­wan-Ver­hand­lun­gen

Tai­wan wur­de 1971 aus den Ver­ein­ten Natio­nen aus­ge­schlos­sen und 1949 durch die kom­mu­nis­ti­sche Regie­rung ersetzt. Die Volks­re­pu­blik Chi­na (PROC) möch­te die „abtrün­ni­ge Pro­vinz“ seit lan­gem wie­der in den Schoß der Ver­ein­ten Natio­nen auf­neh­men, doch Tai­wan betrach­tet sich als sou­ve­rä­ne Nati­on. Peking ver­langt, dass jede Nati­on, die diplo­ma­ti­sche Bezie­hun­gen mit der Volks­re­pu­blik auf­neh­men möch­te, Tai­wans Anspruch nicht aner­ken­nen darf. Die­ser Streit steht im Mit­tel­punkt des chi­ne­sisch-tai­wa­ne­si­schen Kon­flikts und sorgt für schwie­ri­ge Ver­hand­lun­gen.

Aber es kommt noch dicker: Das Gesetz über die Bezie­hun­gen zu Tai­wan von 1979 ver­pflich­tet die Ver­ei­nig­ten Staa­ten, Tai­wan „bei der Auf­recht­erhal­tung sei­ner Ver­tei­di­gungs­fä­hig­keit“ zu unter­stüt­zen. Auch wenn die USA nicht ver­pflich­tet sind, Tai­wan im Fal­le eines Angriffs aktiv zu ver­tei­di­gen, so wird doch deut­lich, dass sie einer Über­nah­me durch Chi­na nicht taten­los zuse­hen wür­den. 

Im Okto­ber stell­te der tai­wa­ne­si­sche Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter Chiu Kuoch­eng fest, dass chi­ne­si­sche Flug­zeu­ge nun in Rekord­zahl Tai­wans Luft­ver­tei­di­gungs­zo­ne durch­bre­chen. „Die mili­tä­ri­schen Span­nun­gen mit Chi­na sind so stark wie seit mehr als 40 Jah­ren nicht mehr“, so Chiu. 

Im sel­ben Monat besuch­ten fünf Mit­glie­der des US-Reprä­sen­tan­ten­hau­ses Tai­wan – einer von ihnen berich­te­te, er habe „eine unver­blüm­te Nach­richt von der chi­ne­si­schen Bot­schaft erhal­ten, in der mir gesagt wur­de, ich sol­le die Rei­se absa­gen“. Als Reak­ti­on auf den Aus­flug ver­kün­de­te Zhao Liji­an im Namen des chi­ne­si­schen Außen­mi­nis­te­ri­ums: „Las­sen Sie mich eini­gen Ame­ri­ka­nern einen Rat geben: Spie­len Sie nicht die Tai­wan-Kar­te. Denn das ist eine schlech­te Kar­te. Sie wer­den nicht gewin­nen.“

Im Novem­ber tra­fen sich US-Prä­si­dent Biden und PROC-Prä­si­dent Xi Jin­ping vir­tu­ell. In Bezug auf Tai­wan, das Spre­cher Zhao als das wich­tigs­te und hei­kels­te The­ma in den Bezie­hun­gen zwi­schen Chi­na und den USA bezeich­ne­te, ver­si­cher­te Biden Xi Jin­ping, dass er sich an die Ein-Chi­na-Poli­tik“ hal­ten wer­de. Xi soll Biden gewarnt haben: „Wer mit dem Feu­er spielt, wird sich ver­bren­nen“.

Im Dezem­ber sag­te US-Außen­mi­nis­ter Ant­o­ny Blin­ken, dass es „schreck­li­che Kon­se­quen­zen“ hät­te, wenn Chi­na in Tai­wan ein­mar­schie­ren wür­de, und dass dies „eine poten­zi­ell kata­stro­pha­le Ent­schei­dung“ Chi­nas wäre. Um das schwe­len­de Feu­er wei­ter anzu­fa­chen, erhielt Tai­wan in der­sel­ben Woche eine Ein­la­dung zum US-Gip­fel für Demo­kra­tie. Chi­na war nicht ein­ge­la­den. Wang Ting-yu, ein Mit­glied der tai­wa­ne­si­schen Legis­la­ti­ve, bezeich­ne­te die­se Maß­nah­me als „kla­res Signal an Peking“.

Mög­li­cher­wei­se erweist sich der Streit um die Sou­ve­rä­ni­tät Tai­wans als wesent­lich wich­ti­ger für das Welt­ge­sche­hen, als vie­le jetzt glau­ben. Es han­delt sich nicht nur um einen Ter­ri­to­ri­al­streit, son­dern um ein The­ma, das die Welt erschüt­tern und die Natio­nen dazu brin­gen könn­te, sich auf die eine oder ande­re Sei­te einer ticken­den Zeit­bom­be zu stel­len. Hof­fen wir, dass das Pro­blem am Ver­hand­lungs­tisch gelöst wer­den kann.

4. Nord- und Süd­ko­rea been­den for­mell den Krieg — oder doch nicht?

Vage und rät­sel­haf­te For­mu­lie­run­gen kön­nen manch­mal der Schlüs­sel zu einer Eini­gung sein: Hen­ry Kis­sin­ger nann­te dies „stra­te­gi­sche Zwei­deu­tig­keit“. Dies scheint auch bei einer Erklä­rung des süd­ko­rea­ni­schen Prä­si­den­ten Moon Jae-in vom Dezem­ber der Fall zu sein: „Die Ver­ei­nig­ten Staa­ten, Chi­na und Nord­ko­rea sind sich grund­sätz­lich einig, den Korea­krieg von 1950–53 für been­det zu erklä­ren, und Seo­ul wird sich dafür ein­set­zen, dass dies geschieht.

Eine „grund­sätz­li­che Eini­gung“ ist nicht ganz das­sel­be wie eine Eini­gung in einer bestimm­ten Fra­ge. Sie öff­net jedoch die Tür zu einem Abbau der Span­nun­gen auf der korea­ni­schen Halb­in­sel. Der Korea­krieg ende­te offi­zi­ell 1953, aller­dings durch einen Waf­fen­still­stand und nicht durch einen Frie­dens­ver­trag. Nord- und Süd­ko­rea befin­den sich tech­nisch gese­hen seit mehr als 70 Jah­ren im Krieg.

Im Sep­tem­ber lehn­te Nord­ko­rea Moons Bit­te ab, den Krieg offi­zi­ell für been­det zu erklä­ren. Nach Anga­ben nord­ko­rea­ni­scher Staats­me­di­en erklär­te der stell­ver­tre­ten­de Außen­mi­nis­ter Ri Thae Song: „Es wird sich nichts ändern, solan­ge die poli­ti­schen Umstän­de um die DVRK unver­än­dert blei­ben und die feind­li­che Poli­tik der USA nicht geän­dert wird.“

Der Wunsch Süd­ko­re­as, den Krieg offi­zi­ell zu been­den, öff­net jedoch die Tür zum Frie­den ein wenig wei­ter. Förm­li­che Ver­hand­lun­gen haben noch nicht begon­nen, offen­bar in Erwar­tung eines Schrit­tes der USA zur Been­di­gung der Feind­se­lig­kei­ten. Die öffent­li­che Hal­tung der Regie­rung Biden ist, dass sie sich wei­ter­hin für einen dau­er­haf­ten Frie­den auf der korea­ni­schen Halb­in­sel durch Dia­log und Diplo­ma­tie mit der Demo­kra­ti­schen Volks­re­pu­blik Korea ein­setzt.

In einer Rede vor der Gene­ral­ver­samm­lung der Ver­ein­ten Natio­nen im Sep­tem­ber erklär­te Moon: „Obwohl Nord­ko­rea vor Kur­zem dar­um gebe­ten hat, nicht mehr mit zwei­er­lei Maß zu mes­sen und kei­ne feind­se­li­ge Poli­tik gegen­über dem Nor­den zu betrei­ben, um das Ende des Krie­ges zu erklä­ren, hat es auch posi­ti­ve Reak­tio­nen gezeigt…“.

3. Eine selt­sa­me Koali­ti­on: Deut­sche Regie­rungs­ver­hand­lun­gen

Mit einem Wahl­sys­tem, das zu mehr als einem hal­ben Dut­zend Par­tei­en im deut­schen Par­la­ment geführt hat, liegt die Regie­rungs­bil­dung weni­ger in den Hän­den des Vol­kes als viel­mehr in den Hän­den guter Ver­hand­lungs­füh­rer. Klei­ne­re Par­tei­en, wie die Freie Demo­kra­ti­sche Par­tei und die Grü­nen, konn­ten den Kanz­ler wäh­len: Sie ent­schie­den sich für Olaf Scholz, den Vor­sit­zen­den der Sozi­al­de­mo­kra­ti­schen Par­tei.

Obwohl die Sozi­al­de­mo­kra­ten mehr Stim­men als die Christ­lich-Demo­kra­ti­sche Uni­on erhiel­ten (25,7% gegen­über 18,9%), war dies den­noch das zweit­schlech­tes­te Ergeb­nis in der Geschich­te der Par­tei, die zur Regie­rungs­bil­dung Koali­ti­ons­part­ner benö­tig­te. Folg­lich konn­ten die klei­ne­ren Par­tei­en die Christ­lich-Demo­kra­ti­sche Uni­on, die Par­tei der frü­he­ren Bun­des­kanz­le­rin Ange­la Mer­kel, aus­ste­chen. 

Die Grü­nen stimm­ten der Koali­ti­on als letz­te Par­tei zu. Dar­auf­hin tra­ten 22 Arbeits­grup­pen zusam­men, um The­men aus­zu­ar­bei­ten. Ihre Emp­feh­lun­gen wur­den dann an ein sechs­köp­fi­ges Ver­hand­lungs­team wei­ter­ge­lei­tet, das die end­gül­ti­gen Ent­schei­dun­gen traf.

Zu den ange­nom­me­nen Zie­len gehö­ren eine Erhö­hung des Min­dest­lohns, bezahl­ba­rer Wohn­raum, die Sen­kung der Strom­kos­ten für Haus­hal­te, die Her­ab­set­zung des Wahl­al­ters auf 16 Jah­re und die Lega­li­sie­rung des Frei­zeit­kon­sums von Can­na­bis. 

Der Kom­men­ta­tor Roland Tichy äußer­te sich zu den Schwer­punk­ten des Vier­jah­res­plans wie folgt: „Infla­ti­on? Kri­se an der pol­ni­schen Gren­ze? Ener­gie­knapp­heit? Arbeits­lo­sig­keit? Haus­halts­de­fi­zi­te? Unwich­tig. Haupt­sa­che, Wei­de­tie­re und Men­schen machen Platz für den Wolf“.

Mehr­par­tei­en­ko­ali­tio­nen sind aus der Sicht eines Ver­hand­lungs­füh­rers hoch­in­ter­es­sant. Aus Sicht der Bür­ger sind sie es jedoch nicht, denn die Regie­rungs­bil­dung spie­gelt nicht den Wil­len des Vol­kes, son­dern die Fähig­kei­ten der Ver­hand­lungs­füh­rer wie­der. Außer­dem ist die Koali­ti­on brü­chig und die bei­den klei­ne­ren Par­tei­en könn­ten jeder­zeit den Kanz­ler wech­seln – eine vier­jäh­ri­ge Ver­hand­lung.

2. Mit den Tali­ban ver­han­deln: Ist das über­haupt mög­lich?

Sel­ten kann man sich sei­nen Ver­hand­lungs­part­ner aus­su­chen, vor allem dann nicht, wenn es um gro­ße Unter­neh­men – oder Natio­nen – geht. Wie also soll die Welt mit den Tali­ban ver­han­deln, die einst durch eine US-Mili­tär­in­ter­ven­ti­on besei­tigt wur­den? Nach dem Abzug der inter­na­tio­na­len Streit­kräf­te aus Afgha­ni­stan wur­de den Tali­ban ein direk­ter Weg zur Herr­schaft eröff­net – ein Weg, den sie schnell nutz­ten. Zwei Jahr­zehn­te, in denen ver­sucht wur­de, das vom Krieg zer­ris­se­ne Land zu sta­bi­li­sie­ren, wur­den inner­halb weni­ger Tage been­det. Infol­ge­des­sen lei­den die Afgha­nen nun unter schwe­rer Nah­rungs­mit­tel­knapp­heit, die Armut gras­siert, und das Land befin­det sich erneut in gro­ßen Schwie­rig­kei­ten.

Wäh­rend­des­sen haben die Tali­ban mit dem Iran und ande­ren Geg­nern des Wes­tens ver­han­delt. Einer der ältes­ten Grund­sät­ze inter­na­tio­na­ler Ver­hand­lun­gen lau­tet: „Der Feind mei­nes Fein­des ist mein Freund“. Wer­den frü­he­re Ver­hand­lun­gen mit den Tali­ban über­haupt noch von Bedeu­tung sein, wenn sich die­se Fein­de sam­meln?

Im Jahr 2014 fass­te ein Ame­ri­can Enter­pri­se Report das Pro­blem wie folgt zusam­men: „Die Ver­hand­lungs­bi­lanz der Tali­ban ist voll von Täu­schun­gen. In den ver­gan­ge­nen zwei Jahr­zehn­ten haben die Tali­ban Ver­hand­lun­gen eher als Trick ein­ge­setzt, um sich poli­ti­sche und mili­tä­ri­sche Vor­tei­le zu ver­schaf­fen, denn als Mit­tel zur Bei­le­gung von Kon­flik­ten.“

Nach den Wor­ten von US-Prä­si­dent Biden wur­de Afgha­ni­stan „jedes Instru­ment in die Hand gege­ben, das es zur Auf­recht­erhal­tung der Sta­bi­li­tät braucht“. Die­se Werk­zeu­ge befin­den sich nun in den Hän­den von Tali­ban-Sol­da­ten. Der ehe­ma­li­ge afgha­ni­sche Beam­te Ham­dul­lah Mohib sagt, die Ver­ei­nig­ten Staa­ten hät­ten das Land „ver­ra­ten“, indem sie unab­hän­gig mit den Tali­ban-Füh­rern ver­han­del­ten und die alte Regie­rung aus­schlos­sen – etwas, wor­auf wir in der letzt­jäh­ri­gen Lis­te hin­ge­wie­sen haben. Die Lis­te der von der inter­na­tio­na­len Gemein­schaft began­ge­nen Feh­ler ist zu lang für eine For­bes-Lis­te. Erschwe­rend kommt hin­zu, dass es inner­halb der Tali­ban-Frak­tio­nen hef­ti­ge inter­ne Ver­hand­lun­gen gibt.

Vie­le fra­gen sich: „Wor­um ging es in dem Krieg über­haupt? Wenn wir jetzt mit den Tali­ban ver­han­deln, hät­ten wir dann nicht schon viel frü­her ver­han­deln und Tau­sen­de von Men­schen­le­ben ret­ten sol­len? Und hät­ten wir nicht schon ver­han­deln und Abma­chun­gen tref­fen sol­len, als sie noch Gue­ril­la­kämp­fer und nicht De-fac­to-Macht­ha­ber waren?“

Das Blatt hat sich gewen­det.

1. Coro­na­vi­rus-Imp­fun­gen: War­um weh­ren sich so vie­le?

Auf der einen Sei­te macht das The­ma kei­nen Sinn. War­um soll­te jemand einen Impf­stoff ableh­nen, der sein Leben und das Leben ande­rer Men­schen ret­ten könn­te? Ande­rer­seits: War­um soll­ten die Men­schen der Kom­pe­tenz von Regie­rungs­be­am­ten und Wis­sen­schaft­lern ver­trau­en, deren Erfolgs­bi­lanz nicht gera­de rosig ist? Letz­tes Jahr haben wir über Beschwer­den über die Ver­füg­bar­keit von Impf­stof­fen berich­tet. Die­ses Jahr ste­hen die Impf­geg­ner im Ram­pen­licht.

War­um sind so vie­le von denen, die die Mög­lich­keit haben, sich imp­fen zu las­sen, immer noch nicht geimpft? Einen ein­zi­gen Grund gibt es nicht, aber zu den Gemein­sam­kei­ten gehö­ren Zwei­fel an der Sicher­heit der Impf­stof­fe ange­sichts ihrer rasan­ten Ent­wick­lung, Beden­ken wegen der Neben­wir­kun­gen der Injek­tio­nen, all­ge­mei­nes Miss­trau­en gegen­über staat­li­chen Auf­la­gen und – natür­lich – Gerüch­te über eine dunk­le Ver­schwö­rung, die von den reichs­ten Übel­tä­tern der Welt ver­brei­tet wird.

Erschwe­rend kommt hin­zu, dass sich vie­le medi­zi­ni­sche Fach­kräf­te, gesell­schaft­li­che Ent­schei­dungs­trä­ger und Poli­ti­ker selbst nicht imp­fen las­sen wol­len. In Michi­gan haben mehr als 400 Ange­stell­te des Gesund­heits­we­sens ihren Job gekün­digt, anstatt sich der Impf­pflicht zu unter­wer­fen. Im Bun­des­staat Washing­ton zogen mehr als 1 900 Staats­be­diens­te­te die Tren­nung von ihrem Arbeits­platz der Imp­fung vor. Die­se Ent­schei­dun­gen klin­gen für die einen lächer­lich, für die ande­ren aber klug.

Wie könn­te man die Span­nun­gen abbau­en und Einig­keit statt Unei­nig­keit för­dern? Hier ist eine Idee: Beam­te soll­ten sich bewusst machen, dass sie sich mit­ten in einer Ver­hand­lung befin­den – um einen Buch­ti­tel mei­ner Kol­le­gen Lar­ry Suss­kind und Patrick Field auf­zu­grei­fen: „Deal­ing with an Angry Public“. Jedes Mal, wenn wir wol­len, dass jemand etwas tut und er ein Veto­recht hat, ver­han­deln wir in der Tat.

Und wie bei jeder gut orga­ni­sier­ten Ver­hand­lung müs­sen die Regie­run­gen, anstatt zu erwar­ten, dass die Leu­te ein­fach nur eif­rig tun, was sie sagen, den Modus Ope­ran­di guter Ver­hand­lungs­füh­rer anwen­den: hin­ter die Posi­tio­nen des ande­ren schau­en, um die zugrun­de lie­gen­den Inter­es­sen und Ängs­te auf­zu­de­cken. Ver­hand­lungs­part­ner wie Idio­ten zu behan­deln, mag dazu füh­ren, dass Umste­hen­de zustim­mend mit dem Kopf nicken, aber es führt nie­mals zu einem „Ja“ der ande­ren Sei­te – vor allem, wenn wir alle nach die­ser Ver­hand­lung mit­ein­an­der aus­kom­men müs­sen.

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Ori­gi­nal-Ver­öf­fent­li­chung „Top 10 World Chan­ging Nego­tia­ti­ons For 2022“ auf FOR­BES

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