Die For­bes Top 10 der Ver­hand­lun­gen, die 2020 ver­än­dern wer­den

Wenn sich Par­tei­en zusam­men­set­zen, um zu ver­han­deln, gibt es Hoff­nung. Ich habe in den ver­gan­ge­nen Jah­ren unzäh­li­ge Ver­hand­lun­gen bera­ten und gelernt, dass gro­ße Mana­ger, Unter­neh­mer und Staats­män­ner ein “Nein” als ein Eröff­nungs­an­ge­bot betrach­ten. Die­je­ni­gen, die sich wei­gern, sich an den Ver­hand­lun­gen zu betei­li­gen, haben meist Angst davor, über­gan­gen zu wer­den, und die­je­ni­gen, die vor­zei­tig gehen, las­sen unzäh­li­ge Optio­nen auf dem Tisch lie­gen. Manch­mal besteht die Schlüs­sel­fä­hig­keit eines gro­ßen Ver­hand­lungs­füh­rers dar­in, die ande­re Par­tei zum Blei­ben zu bewe­gen.

In die­ser Lis­te fin­den Sie die 10 Abkom­men, die einen ent­schei­den­den Ein­fluss auf das Jahr 2020 haben. Es gibt erfolg­rei­che Ver­hand­lun­gen, Miss­erfol­ge und — vor allem — Deals, die auch 2020 noch ver­han­delt wer­den.

10. Die Deal-Illu­si­on — Bür­ger­krieg im Jemen 2.0

Nach einem vier­jäh­ri­gen Bür­ger­krieg, der Zehn­tau­sen­de von Men­schen­le­ben gekos­tet und den Jemen an den Rand einer Hun­gers­not gebracht hat, wur­de zwi­schen der jeme­ni­ti­schen Regie­rung und den Sepa­ra­tis­ten des Südens in Riad ein Abkom­men unter­zeich­net. Dies ist kein Abkom­men zur Been­di­gung des Krie­ges, son­dern nur eines, das einen Drei-Par­tei­en- in einen Zwei-Par­tei­en-Bür­ger­krieg ver­wan­delt. Es wird ihn weni­ger kom­pli­ziert, aber nicht weni­ger blu­tig machen.

Gast­ge­ber der Ver­hand­lun­gen war der sau­di-ara­bi­sche Kron­prinz Moham­med bin Sal­man, dem der jeme­ni­ti­sche Prä­si­dent Abdu Rab­bu Man­sour Hadi, der Vor­sit­zen­de des Süd­li­chen Über­gangs­ra­tes Aida­rous al-Zubai­di und der Kron­prinz der VAE Moham­med bin Zay­ed ange­hör­ten. Die vom Iran unter­stütz­ten Hou­t­hi-Rebel­len waren nicht anwe­send.

Es gibt drei betei­lig­te Par­tei­en: die jeme­ni­ti­sche Regie­rung, die von Sau­di-Ara­bi­en unter­stützt wird, die Hou­t­hi-Rebel­len, die schii­ti­sche Mus­li­me sind und vom Iran unter­stützt wer­den, und die Rebel­len des Südens, die von den Ver­ei­nig­ten Ara­bi­schen Emi­ra­ten unter­stützt wer­den.

Die­ses Abkom­men ver­ein­te die Rebel­len des Südens mit den Regie­rungs­kräf­ten, bei­des sun­ni­ti­sche Mus­li­me. Es soll ein neu­es Kabi­nett gebil­det wer­den, das die Süd­staat­ler ein­be­zieht und ihnen mehr Reprä­sen­ta­ti­on gewährt. Mit den Hout­his, die 2014 die Haupt­stadt Sana über­nah­men, wur­de kein Abkom­men getrof­fen. Die gemein­sa­men Kräf­te wer­den nun ihre Anstren­gun­gen gegen die Hout­his im Nor­den kon­zen­trie­ren.

Der sau­di-ara­bi­sche Kron­prinz Moham­med bin Sal­man lob­te das Abkom­men: “Die­ses Abkom­men wird, so Gott will, brei­te­re Gesprä­che zwi­schen den jeme­ni­ti­schen Par­tei­en eröff­nen, um eine poli­ti­sche Lösung zu errei­chen und den Krieg zu been­den”. US-Prä­si­dent Donald Trump kom­men­tier­te das Abkom­men auf Twit­ter. “Ein sehr guter Anfang!” Bit­te arbei­ten Sie alle hart für einen end­gül­ti­gen Ver­trag.”

Vor­erst wer­den die Kämp­fe nur zwi­schen zwei statt drei Par­tei­en statt­fin­den. Aber es besteht die Hoff­nung, dass das Abkom­men das Macht­gleich­ge­wicht so ver­än­dert hat, dass die neu­en Ver­bün­de­ten mit den Hout­his ver­han­deln wer­den.

9. Sin­ga­pur an der Them­se — Der Aus­tritt eines Impe­ri­ums

End­lich Licht am Ende des Tun­nels — oder zumin­dest ein beleuch­te­ter Tun­nel in Bezug auf Brexit: Nach einem erd­rutsch­ar­ti­gen Sieg bei den Wah­len in Groß­bri­tan­ni­en kann Pre­mier­mi­nis­ter Boris John­son nun „den Brexit durch­zie­hen“. Er gewann mit 46 Pro­zent — die größ­te kon­ser­va­ti­ve Mehr­heit seit Mar­ga­ret That­cher.

Den­noch ist das Land immer noch gespal­ten, denn 52 Pro­zent der Stim­men gin­gen an Par­tei­en, die gegen Brexit sind oder Brexit neu über­den­ken.
Mit Pre­mier­mi­nis­ter John­son ist ein Wider­ruf oder eine Ver­schie­bung von Brexit jedoch vom Ver­hand­lungs­tisch ver­schwun­den — Groß­bri­tan­ni­en wird die Euro­päi­sche Uni­on bis Janu­ar 2020 ver­las­sen. Aller­dings gibt es eine ein­jäh­ri­ge Über­gangs­zeit, in der Groß­bri­tan­ni­en als de fac­to Mit­glied der EU behan­delt wird.

Die Din­ge wer­den sehr inter­es­sant, da es im Wesent­li­chen zwei mög­li­che Ver­hand­lungs­er­geb­nis­se gibt: Wenn es kein Abkom­men oder eine Ver­ein­ba­rung zur Ent­kopp­lung gibt, wür­den Groß­bri­tan­ni­en und die EU nach den Regeln der Welt­han­dels­or­ga­ni­sa­ti­on han­deln. Dies wür­de zu mas­si­ven Schwie­rig­kei­ten bei den Trans­ak­tio­nen füh­ren, aber das Ver­ei­nig­te König­reich hät­te die Frei­heit, sei­ne eige­nen Steu­ern und Zöl­le zu erhe­ben. Wenn es ein Abkom­men gäbe, wäre das Ver­ei­nig­te König­reich ein Juni­or­part­ner, der die Frei­hei­ten und Sicher­hei­ten der EU genie­ßen wür­de, aber nach den EU-Regeln spie­len müss­te.

Brüs­sel wird alles tun, um einen Kon­kur­ren­ten vor der eige­nen Haus­tür zu ver­hin­dern. Der Chef­un­ter­händ­ler der EU, Michel Bar­nier, mach­te deut­lich, dass das Ver­ei­nig­te König­reich, wenn es mit der Dere­gu­lie­rung begin­nen soll­te, mit einer “ver­hält­nis­mä­ßi­gen” Ant­wort der EU rech­nen müs­se. Er wen­det die klas­si­sche Tech­nik an, sei­nen Ein­fluss bei einer höhe­ren Instanz, näm­lich den ande­ren Mit­glieds­län­dern, zu erhö­hen: “Unter­schät­zen Sie nicht die Schwie­rig­kei­ten des Rati­fi­zie­rungs­pro­zes­ses… Wenn es nicht rati­fi­ziert wird, gehen wir auf Null zurück.” Ursu­la von der Ley­en, die Prä­si­den­tin der Euro­päi­schen Kom­mis­si­on, mach­te ihr Ziel sehr deut­lich: “Null-Zöl­le, Null-Quo­ten, Null-Dum­ping”.

Boris John­son wägt sei­ne Optio­nen ab: Groß­bri­tan­ni­en in ein “Sin­ga­pur auf der Stra­ße”, ein leicht regu­lier­tes Steu­er­pa­ra­dies, oder de fac­to ein EU-Mit­glied ohne die­se Rech­te zu sein. Wird das Ver­ei­nig­te König­reich der EU oder ande­ren Ver­bün­de­ten, ins­be­son­de­re den USA, nahe blei­ben?

Alle Augen sind auf John­son gerich­tet. Wird er Hard­li­ner wie Außen­mi­nis­ter Domi­nic Raab — Co-Autor von “Bri­tan­nia Unchai­ned” — hal­ten oder sich auf eine Annä­he­rung an die EU zube­we­gen? Er muss sich auch vor Schott­land und Nord­ir­land in Acht neh­men, die den Brexit abge­lehnt hat­ten und dies zum Kampf um ihre Sou­ve­rä­ni­tät nut­zen könn­ten. Die Ver­hand­lun­gen zwi­schen der EU und Groß­bri­tan­ni­en sol­len am 1. Febru­ar 2020 begin­nen.

8. Tal­king While Fight­ing — Der Waf­fen­still­stand im Han­dels­krieg zwi­schen Chi­na und den USA

Chi­na und die USA haben das erreicht, was das chi­ne­si­sche Han­dels­mi­nis­te­ri­um als “Kon­sens über Prin­zi­pi­en” bezeich­net. Der zwei­jäh­ri­ge Han­dels­krieg scheint jedoch ein Waf­fen­still­stand zu sein, nicht das Ende des Han­dels­krie­ges.

Das Wei­ße Haus sag­te, dass die bei­den Par­tei­en “in einer Viel­zahl von Berei­chen Fort­schrit­te gemacht haben und dabei sind, noch offe­ne Fra­gen zu lösen”. Nach Anga­ben der US-Regie­rung hat sich Chi­na bereit erklärt, die jähr­li­chen US-Impor­te auf 200 Mrd. USD zu erhö­hen, wobei es ins­be­son­de­re ver­sprach, US-Agrar­pro­duk­te im Wert von 50 Mrd. USD zu kau­fen.

Was wol­len bei­de Sei­ten? Die Ver­ei­nig­ten Staa­ten, ver­tre­ten durch den US-Han­dels­be­auf­trag­ten Robert Light­hi­zer und den Finanz­mi­nis­ter Ste­ven Mnu­ch­in, wol­len das hohe Han­dels­de­fi­zit von 419,2 Mrd. USD redu­zie­ren und wol­len, dass Chi­na die Sub­ven­tio­nie­rung von Schlüs­sel­in­dus­trien und den Zwang zum Tech­no­lo­gie­trans­fer durch aus­län­di­sche Inves­to­ren ein­stellt.

Chi­na, ver­tre­ten durch den Vize-Pre­mier Liu He, will das Han­dels­de­fi­zit so hoch wie mög­lich hal­ten und hat sich bis­her eher zurück­hal­tend gegen­über den US-For­de­run­gen gezeigt.

Trump nutz­te die Zöl­le zur Macht­aus­übung und Chi­na wur­de schwer ver­letzt — was in einer Zeit, in der das Land auf­grund eines schrump­fen­den Pro­duk­ti­ons­sek­tors und einer altern­den Gesell­schaft mit dem lang­sams­ten Wirt­schafts­wachs­tum seit fast 30 Jah­ren kon­fron­tiert ist, beson­ders schmerz­lich war.

Wie Fan Gang, Direk­tor des in Peking ansäs­si­gen Think-Tanks, des Natio­nal Eco­no­mic Rese­arch Insti­tu­te, betont, wird die­ser Pre-Deal zu einem sehr fra­gi­len Frie­den füh­ren: Die USA, die Tech­no­lo­gie­macht der Welt, bringt die Chi­ne­sen dazu, Waren zu kau­fen, die nor­ma­ler­wei­se von weni­ger ent­wi­ckel­ten Län­dern expor­tiert wer­den.

Ange­sichts der unter­schied­li­chen Span­nun­gen, die bei­de Super­mäch­te welt­weit haben, scheint es, als wür­den sich die bei­den Par­tei­en von­ein­an­der ent­fer­nen, da US-Unter­neh­men Anla­gen aus Chi­na ver­la­gern. Die bevor­ste­hen­den Ver­hand­lun­gen wer­den sehr inter­es­sant wer­den, ins­be­son­de­re ange­sichts der bevor­ste­hen­den US-Prä­si­dent­schafts­wah­len.

7. “Kein Durch­bruch, kein Schei­tern.” Ret­tung der Ukrai­ne vor einem Bür­ger­krieg (mit Russ­land)

Der ukrai­ni­sche Prä­si­dent Volo­dym­yr Zel­en­sky und der rus­si­sche Prä­si­dent Wla­di­mir Putin haben end­lich Ver­hand­lun­gen über die Zukunft der Ukrai­ne auf­ge­nom­men, die seit 2014, als Russ­land die Krim annek­tier­te, in stän­di­gem Auf­ruhr ist. Es ist der blu­tigs­te Kon­flikt in Euro­pa seit dem Bal­kan­krieg, der fast 14.000 Todes­op­fer gefor­dert hat.

Die Ver­hand­lun­gen began­nen im Dezem­ber 2019 und wur­den von Ema­nu­el Macron geführt und von Frank­reich und Deutsch­land ver­mit­telt. Es war das ers­te Mal, dass sich Putin und sein ukrai­ni­scher Amts­kol­le­ge von Ange­sicht zu Ange­sicht tra­fen.

Es herrscht ein Waf­fen­still­stand, aber bei­de Sei­ten beschul­di­gen sich gegen­sei­tig, das Abkom­men zu bre­chen. Im Okto­ber stimm­te Zel­en­sky der nach dem ehe­ma­li­gen deut­schen Außen­mi­nis­ter benann­ten “Stein­mei­er-For­mel” zu, nach der die Men­schen in der Don­bass-Regi­on über ihre Auto­no­mie abstim­men kön­nen. Nach hef­ti­gen Pro­tes­ten füg­te Zel­en­sky hin­zu, es wer­de kei­ne Wah­len geben, bis die Rus­sen abge­zo­gen sind. Zel­en­sky steht in einem Land unter Druck, das tief zwi­schen natio­na­lis­ti­schen und pro-rus­si­schen Gefüh­len gespal­ten ist.

Russ­land hin­ge­gen lei­det noch immer unter den Sank­tio­nen der EU, die solan­ge gel­ten, wie es kei­ne Eini­gung mit der Ukrai­ne gibt.

Die EU will Frie­den an ihren Gren­zen — und einen unge­stör­ten Gas­fluss von Russ­land in die Ukrai­ne — in einem Streit von 2009 hat­te die rus­si­sche Gaz­prom ihre Gas­ver­sor­gung über die Ukrai­ne abge­schnit­ten.

Zel­en­sky, der — gegen sei­nen Wil­len — zu einer zen­tra­len Figur im Amts­ent­he­bungs­ver­fah­ren gegen den US-Prä­si­den­ten Donald Trump wur­de, ist ein ehe­ma­li­ger Komi­ker und hat sein Amt im Mai 2019 gera­de wie­der auf­ge­nom­men. Die Fra­ge ist, ob er mit einem so har­ten und erfah­re­nen Ver­hand­lungs­füh­rer wie Putin umge­hen kann. In der ers­ten Run­de hat er sich jedoch behaup­tet, mit einem Ergeb­nis, das das rus­si­sche Broadsheet Wedo­mo­sti mit “Kein Durch­bruch, kein Schei­tern” zusam­men­fass­te. Dies ist eine Ver­hand­lung, die man beob­ach­ten muss, da sie über das Schick­sal eines Lan­des ent­schei­den wird.

6. Die chi­ne­sisch-bri­ti­sche gemein­sa­me Erklä­rung. Groß­bri­tan­ni­ens Lose-Lose-Sze­na­rio in der Hong­kong-Fra­ge

Eine Ver­hand­lung, die vor mehr als 30 Jah­ren statt­fand, wird für das heu­ti­ge Hong­kong, das seit Juni in Auf­ruhr ist, ent­schei­dend, als ein Aus­lie­fe­rungs­ge­setz ein­ge­führt wur­de, das dazu füh­ren könn­te, dass kri­mi­nel­le Ver­däch­ti­ge aus Hong­kong auf das chi­ne­si­sche Fest­land geschickt wer­den, um sich dort vor Gericht zu stel­len. Das Gesetz wur­de zurück­ge­zo­gen, aber es gibt wei­ter­hin hef­ti­ge Pro­tes­te.

Die chi­ne­sisch-bri­ti­sche gemein­sa­me Erklä­rung von 1984 war das Ergeb­nis von Ver­hand­lun­gen zwi­schen dem chi­ne­si­schen Füh­rer Deng Xiao­ping und der bri­ti­schen Pre­mier­mi­nis­te­rin Mar­ga­ret That­cher, in denen die Zukunft Hong­kongs gere­gelt wur­de. Das Ver­ei­nig­te König­reich, das Hong­kong seit 1840 besetzt hat­te, erklär­te sich bereit, es am 1. Juli 1997 an Chi­na zu über­ge­ben. In der Erklä­rung heißt es, dass Chi­nas Poli­tik gegen­über Hong­kong “50 Jah­re lang unver­än­dert blei­ben wird” und dass ins­be­son­de­re das Rechts- und Jus­tiz­sys­tem Hong­kongs bis 2047 unan­ge­tas­tet blei­ben wür­de.

Die Chi­ne­sen betrach­ten das Abkom­men als nich­tig, da es nur den Zeit­raum von 1984 bis 1997 betraf. Der chi­ne­si­sche Diplo­mat Lu Kang hat dies unmiss­ver­ständ­lich erklärt: “Wir möch­ten noch ein­mal wie­der­ho­len, dass das Ver­ei­nig­te König­reich seit dem 1. Juli 1997 kei­ner­lei Rech­te in Bezug auf Hong­kong hat.“

Domi­nic Raab, der bri­ti­sche Außen­mi­nis­ter, hält an der Posi­ti­on Groß­bri­tan­ni­ens fest, dass das Abkom­men “ein rechts­ver­bind­li­cher inter­na­tio­na­ler Ver­trag ist, der bis heu­te in Kraft bleibt”. Tat­säch­lich erwähnt der Ver­trag aus­drück­lich Daten nach 1997. Raab weist dar­auf hin: “Als Mit­un­ter­zeich­ner der gemein­sa­men Erklä­rung nimmt das Ver­ei­nig­te König­reich die­se Ver­pflich­tun­gen ernst und unter­stützt ihre Umset­zung im Rah­men der ‘Ein Land — zwei Sys­te­me’.

Mar­ga­ret That­cher ver­sprach, dass Groß­bri­tan­ni­en kei­nen Ver­stoß gegen die chi­ne­sisch-bri­ti­sche gemein­sa­me Erklä­rung akzep­tie­ren wür­de. Und pro-demo­kra­ti­sche Poli­ti­ker haben gera­de 17 von 18 Bezir­ken Hong­kongs gewon­nen. Außer­dem hat US-Prä­si­dent Trump gera­de den Hong­kong Human Rights and Demo­cra­cy Act of 2019 unter­zeich­net und damit Chi­na erzürnt.

Aber Groß­bri­tan­ni­en ist nicht die USA — es hat ein­fach nicht den nöti­gen Ein­fluss. Mit der Unter­stüt­zung der EU wäre die Posi­ti­on Groß­bri­tan­ni­ens stär­ker gewe­sen, aber jetzt ist Groß­bri­tan­ni­en auf sich allein gestellt. Die Bezie­hung zu Chi­na wegen einer Fra­ge zu rui­nie­ren, die zu nichts füh­ren könn­te, wäre unklug, zumal Groß­bri­tan­ni­en auf der Suche nach Ver­bün­de­ten ist.

5. Früh­stück bei LVMH — und ande­re M&A‑Deals

Fusio­nen und Über­nah­men kön­nen kläg­lich schei­tern, aber sie kön­nen Wer­te schaf­fen und Unter­neh­men bes­ser und pro­fi­ta­bler machen. Gemäß dem M&A‑Bericht von BCG sind M&A‑Transaktionen in der jüngs­ten Ver­gan­gen­heit recht gut ver­lau­fen. Es gab weni­ger, aber grö­ße­re Trans­ak­tio­nen im Jahr 2019, wobei die durch­schnitt­li­che Deal­grö­ße von 380,1 Mil­lio­nen USD auf 424,6 Mil­lio­nen USD im Jahr 2019 gestie­gen ist.

Es gab die Über­nah­me von Cel­ge­ne durch den Phar­ma­rie­sen Bris­tol-Myers Squibb im Wert von 74 Mil­li­ar­den USD und eine Trans­ak­ti­on im Wert von 57 Mil­li­ar­den USD Mit­te 2019, als die Occi­den­tal Petro­le­um Cor­po­ra­ti­on die Ana­dar­ko Petro­le­um Cor­po­ra­ti­on über­nahm. Mit der Unter­stüt­zung von War­ren Buf­fets Berkshire Hat­ha­way über­bot Occi­den­tal den viel grö­ße­ren Kon­kur­ren­ten Che­vron.

Ein gutes Bei­spiel für die Wert­schöp­fung ist das kom­ple­men­tä­re Port­fo­lio des Luft- und Raum­fahrt­un­ter­neh­mens United Tech­no­lo­gies, das mit dem Rüs­tungs­un­ter­neh­men Ray­the­on zu Ray­the­on Tech­no­lo­gies fusio­niert, mit einem Markt­wert von etwa 125 Mil­li­ar­den USD.

LVMH erwarb Tif­fa­ny für 16,2 Mil­li­ar­den USD oder 135 USD pro Aktie in bar, nach­dem Tif­fa­ny das Ange­bot von LVMH in Höhe von 120 Dol­lar pro Aktie abge­lehnt hat­te. Die Trans­ak­ti­on soll Mit­te 2020 abge­schlos­sen wer­den, wenn die Auf­sichts­be­hör­den und die Aktio­nä­re von Tif­fa­ny zustim­men.

Obwohl LVMHs Über­nah­me des US-Juwe­liers Tiffany’s im Wert von 16,2 Mil­li­ar­den USD bei wei­tem nicht die größ­te Trans­ak­ti­on des Jah­res ist, ist es doch der größ­te Deal in der Geschich­te des Luxus. Die Luxus­in­dus­trie ist ein Spie­gel der Ver­brau­cher­prä­fe­ren­zen in einer Welt, die immer rei­cher wird und in der der Geschmack der Ver­brau­cher im Zeit­al­ter der sozia­len Medi­en ver­schmel­zen.

Tif­fa­ny wur­de 1837 in New York gegrün­det und stieg durch den Kult­klas­si­ker “Break­fast at Tiffany’s” zur Iko­ne auf und wur­de zum Inbe­griff für anspruchs­vol­len US-Luxus. Den­noch hat­te Tif­fa­ny bis zur Wen­de im Jahr 2017 gro­ße Pro­ble­me und die Expan­si­on nach Asi­en, ins­be­son­de­re nach Chi­na, ist auf­grund des Han­dels­krie­ges zwi­schen den USA und Chi­na sehr vola­til.

Der fran­zö­si­sche Luxus­gi­gant LVMH besitzt Mar­ken wie Lou­is Vuit­ton, Moët & Chan­don, Dom Peri­gnon, Given­chy und erwarb kürz­lich die Luxus­ho­tel­ket­te Bel­mont. Mit einer Markt­ka­pi­ta­li­sie­rung von mehr als 200 Mil­li­ar­den Euro ist LVMH das größ­te Luxus­un­ter­neh­men der Welt und nach dem Öl- und Gas­kon­zern Roy­al Dutch Shell das zweit­größ­te Unter­neh­men Euro­pas.

LVMH’s Grün­der, Vor­sit­zen­der und größ­ter Aktio­när Ber­nard Arnault, Euro­pas reichs­ter Mann mit einem geschätz­ten Ver­mö­gen von 106,9 Mil­li­ar­den Dol­lar, wand­te das MO der 1980er Jah­re Cor­po­ra­te Rai­ders of Wall Street auf die Luxus­in­dus­trie an. Sie wer­den kaum einen der Desi­gner des Labels ken­nen — es gibt kei­nen Tom Fords, der für ihn arbei­tet. Es ist sei­ne Phi­lo­so­phie, die Mar­ken in sei­nem Port­fo­lio zu stär­ken, nicht Stars zu machen. In einer Welt, in der der Luxus­sek­tor stän­dig wächst, hat sei­ne Idee ein Impe­ri­um geschaf­fen, und die­ser Deal ist ein wei­te­rer Eck­pfei­ler. Es ist ein Deal, der Tif­fa­ny stär­ker machen wird.

4. War­ten auf Unter­händ­ler — Ret­tung Vene­zue­las vor dem Bür­ger­krieg

Vene­zue­la, eine der ölreichs­ten Natio­nen der Welt, ist plei­te. Ein wei­te­rer geschei­ter­ter Ver­such des Sozia­lis­mus, der von dem ver­stor­be­nen Prä­si­den­ten Hugo Chá­vez gestar­tet wur­de, mit Geset­zen wie dem “Gesetz für Land- und Agrar­ent­wick­lung”, nach dem die Regie­rung pri­va­tes Land neh­men kann, wenn sie glaubt, dass es nicht maxi­mal genutzt wird.

Nach Chá­vez’ Tod im Jahr 2013 wur­de Nicolás Madu­ro Inte­rims­prä­si­dent und ist seit­dem im Amt geblie­ben. Nach einer als ille­gi­tim kri­ti­sier­ten Wahl im Jahr 2018 schwor die Oppo­si­ti­on in Juan Guai­dó einen riva­li­sie­ren­den Inte­rims­prä­si­den­ten, der seit­her von den meis­ten west­li­chen Staa­ten aner­kannt wird. Guai­dó wirft Madu­ro vor, die Ver­hand­lungs­ver­ein­ba­run­gen von 2016, die freie Wah­len und die Öff­nung eines huma­ni­tä­ren Kanals for­der­ten, nicht ein­ge­hal­ten zu haben. Madu­ro hin­ge­gen betrach­tet ihn als Mario­net­te der USA.

Anfang 2019 bil­de­ten vier latein­ame­ri­ka­ni­sche und acht euro­päi­sche Län­der die “Kon­takt­grup­pe zu Vene­zue­la”, um für die Zukunft des Lan­des zu ver­mit­teln, und for­der­ten Neu­wah­len. Eine nach­fol­gen­de Reso­lu­ti­on des UN-Sicher­heits­ra­tes, die freie und fai­re Prä­si­dent­schafts­wah­len for­der­te, wur­de jedoch von Chi­na und Russ­land abge­lehnt.

Schließ­lich began­nen die bei­den Sei­ten unter Ver­mitt­lung des Nor­we­gi­schen Zen­trums für Kon­flikt­lö­sung Ver­hand­lun­gen. Meh­re­re Ver­hand­lungs­run­den in Oslo schei­ter­ten. Laut Guai­dó: “Das dik­ta­to­ri­sche Regime von Nico­las Madu­ro hat den Ver­hand­lungs­pro­zess mit fal­schen Aus­re­den abge­bro­chen”.

Im Som­mer ver­schärf­ten die Ver­ei­nig­ten Staa­ten die Sank­tio­nen und mani­fes­tier­ten damit die Unter­stüt­zung des Wes­tens für den Oppo­si­ti­ons­füh­rer Guai­dó, wäh­rend Madu­ro wei­ter­hin von Russ­land und Chi­na unter­stützt wird. Am 30. April führ­te Guai­dó einen Staats­streich zum Sturz Madu­ros an, der jedoch spek­ta­ku­lär schei­ter­te. Seit­dem schwin­det sein Ver­hand­lungs­spiel­raum: Nicht nur er schei­ter­te, auch sei­ne west­li­chen Unter­stüt­zer wur­den durch den Ver­such eines Mili­tär­put­sches ent­frem­det. Das Ver­hand­lungs­ge­wicht ver­la­ger­te sich auf Madu­ro.

Dag Nylan­der, der im nor­we­gi­schen Außen­mi­nis­te­ri­um die inter­na­tio­na­len Frie­dens­be­mü­hun­gen lei­tet, mach­te deut­lich, dass Nor­we­gen bereit ist, Ver­hand­lun­gen zu ver­mit­teln, wenn die bei­den Par­tei­en bereit sind, an den Ver­hand­lungs­tisch zurück­zu­keh­ren. Eine Eini­gung sei uner­läss­lich, um das Land vor einem kata­stro­pha­len Bür­ger­krieg zu ret­ten.

3. Make or Break It — War­um Gre­ta den Deal nicht ret­ten konn­te

Die mit Span­nung erwar­te­ten COP25-Kli­ma­ge­sprä­che der Ver­ein­ten Natio­nen, die ab dem 3. Dezem­ber in Madrid statt­fan­den, wur­den nach 13 lan­gen Tagen abge­schlos­sen, aber die erziel­ten Ver­ein­ba­run­gen erga­ben fast nichts.

Dies ist über­ra­schend ange­sichts der Auf­merk­sam­keit, die die­ses The­ma erregt — und die erst kürz­lich statt­ge­fun­den hat. Als ich 2009 für die deut­sche Dele­ga­ti­on bei den Ver­ein­ten Natio­nen in New York zum The­ma Kli­ma­wan­del gear­bei­tet habe, war es nicht unbe­dingt ein hei­ßes The­ma (ent­schul­di­gen Sie das Wort­spiel). Jetzt, wo die jugend­li­che Akti­vis­tin Gre­ta Thun­berg zum Super­star gewor­den ist und wäh­rend der Kon­fe­renz Hun­dert­tau­sen­de auf den Stra­ßen von Madrid mar­schie­ren, wür­de man Ergeb­nis­se erwar­ten.

Ziel der Ver­hand­lun­gen war es, die Umset­zung des Pari­ser Abkom­mens ab 2015 zu dis­ku­tie­ren, in dem sich 200 Län­der dar­auf ver­stän­dig­ten, die glo­ba­le Erwär­mung auf weni­ger als 2 Grad Cel­si­us zu begren­zen.
Zu den wich­tigs­ten Ver­hand­lungs­punk­ten gehör­te der Arti­kel 6, der sich mit dem glo­ba­len Han­del mit Emis­si­ons­zer­ti­fi­ka­ten befasst, der das gesam­te Pari­ser Abkom­men durch­set­zen oder bre­chen kann.

Eine der Fra­gen ist, ob die Län­der “über­trag­ba­re” Koh­len­stoff­gut­schrif­ten aus dem Kyo­to-Pro­to­koll ver­wen­den kön­nen, um ihre Ver­pflich­tun­gen für das Pari­ser Abkom­men zu erfül­len. Kri­ti­ker befürch­ten, dass die­ser Emis­si­ons­han­del es ermög­li­chen könn­te, dass die Zie­le auf dem Papier erreicht wer­den, aber nicht in der Atmo­sphä­re. Befür­wor­ter sehen in Arti­kel 6 eine Mög­lich­keit, die gan­ze Welt zu ver­an­las­sen, sich für das Kli­ma ein­zu­set­zen.

Am ers­ten Tag der Kon­fe­renz kom­men­tier­te ein Ver­hand­lungs­füh­rer, dass ein Erfolg bei Arti­kel 6 ein “Wun­der” wäre. Nun, Wun­der kön­nen gesche­hen, aber auf der COP25 geschah kein Wun­der — es gab kei­nen Deal. Die Ver­ei­ni­gung der klei­nen Insel­staa­ten (AOSIS) mach­te vor allem Chi­na, Indi­en und Bra­si­li­en ver­ant­wort­lich.

Die ein­zi­ge Ver­ein­ba­rung zur Redu­zie­rung der Emis­sio­nen, die wäh­rend der Kon­fe­renz getrof­fen wur­de, war nicht ein­mal Teil der COP25-Gesprä­che, son­dern ein Ver­spre­chen der EU-Staats- und Regie­rungs­chefs, ihren Koh­len­stoff-Fuß­ab­druck bis 2050 zu besei­ti­gen.

Mit über 27 000 Dele­gier­ten aus über 190 Natio­nen, die unzäh­li­ge Alli­an­zen bil­den, ist dies so kom­plex, wie eine Ver­hand­lung mit meh­re­ren Inter­es­sen­grup­pen nur wer­den kann. Vie­le Län­der haben es ver­säumt, Maß­nah­men zu ergrei­fen, und die USA sind sogar aus dem Abkom­men aus­ge­stie­gen.

Es wur­de viel Zeit auf das Ver­fah­ren ver­schwen­det, indem man sich über die Kenn­zeich­nung von Ver­hand­lun­gen strei­tet. Sie wer­den nun als “mul­ti­la­te­ra­le infor­mel­le Gesprä­che mit Ko-Faci­li­ta­to­ren” bezeich­net. Fra­gen Sie nicht.

Antó­nio Guter­res, UN-Gene­ral­se­kre­tär, war sehr ent­täuscht über das Ergeb­nis und twit­ter­te: “Die inter­na­tio­na­le Gemein­schaft hat eine wich­ti­ge Gele­gen­heit ver­passt, mehr Ehr­geiz bei der Min­de­rung, Anpas­sung und Finan­zie­rung der Kli­ma­kri­se zu zei­gen. Aber wir dür­fen nicht auf­ge­ben, und ich wer­de nicht auf­ge­ben.”

Hof­fent­lich wird auf der COP26 in Glas­gow im Jahr 2020 ein bes­se­res Abkom­men erzielt, da es nur noch Wochen bis zum Beginn des Pari­ser Abkom­mens dau­ert. Der Zeit­druck kann Wun­der an der Dyna­mik einer Ver­hand­lung bewir­ken.

2. Ein neu­er Camp-David-Deal? Ver­han­deln mit den Tali­ban

US-Prä­si­dent Donald Trump stat­te­te den US-Trup­pen an Thanks­gi­ving einen Über­ra­schungs­be­such ab, bei dem er die Fort­set­zung der Frie­dens­ver­hand­lun­gen mit den Tali­ban ankün­dig­te: “Die Tali­ban wol­len einen Deal machen. Wir wer­den sehen, ob sie einen Deal machen wol­len. Es muss ein ech­tes Abkom­men sein, aber wir wer­den sehen. Aber sie wol­len ein Geschäft machen.” Die Tali­ban ant­wor­te­ten schnell, dass sie “bereit sind, die Gesprä­che wie­der auf­zu­neh­men”. Und in der Tat setz­ten die Gesprä­che zwi­schen den Tali­ban dort fort, wo sie ende­ten.

Die USA wol­len, dass die Tali­ban die gewalt­tä­ti­gen Angrif­fe been­den und sich ver­pflich­ten, kei­ne Ter­ro­ris­ten zu beher­ber­gen. US-Außen­mi­nis­ter Mike Pom­peo und sein Chef­un­ter­händ­ler Zal­may Kha­lilzad wür­den den Tali­ban ihrer­seits den Rück­zug der US-Trup­pen anbie­ten.

Im ver­gan­ge­nen Jahr wur­de nach neun Run­den gründ­li­cher Ver­hand­lun­gen in Katar zwi­schen den USA und den Tali­ban ein Abkom­men fast abge­schlos­sen. Prä­si­dent Trump lud die Tali­ban-Füh­rer nach Camp David ein, dem iko­ni­schen Rück­zugs­ort des Prä­si­den­ten, nur weni­ge Tage vor dem Jah­res­tag der 9/11-Angrif­fe, um das Geschäft mit sich selbst als Deal­ma­ker dra­ma­tisch abzu­schlie­ßen. Als jedoch eine von den Tali­ban bean­spruch­te Auto­bom­be in Kabul einen US-Sol­da­ten und elf wei­te­re Per­so­nen töte­te, sag­te Trump die Frie­dens­ge­sprä­che ab. Die Ver­hand­lun­gen lagen auf Eis — aber sie waren nicht been­det. US-Beam­te mach­ten wei­ter­hin klei­ne Geschäf­te mit den Tali­ban, wie zum Bei­spiel den Aus­tausch von Gefan­ge­nen, um die Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ka­nä­le offen zu hal­ten. Die Tali­ban hin­ge­gen hiel­ten sich über Trump ziem­lich bedeckt, was ihre Ver­hand­lungs­be­reit­schaft demons­trier­te.

Zurück am Ver­hand­lungs­tisch wen­det Trump sei­ne alte Ver­hand­lungs­tak­tik an, nicht viel Inter­es­se an der Bereit­schaft der Tali­ban zu zei­gen, einen Deal zu machen: “Wenn sie es tun, tun sie es, und wenn sie es nicht tun, tun sie es nicht. Das ist in Ord­nung.”

Aller­dings ist eine poli­ti­sche Lösung der ein­zi­ge Aus­weg für Ame­ri­ka aus einem 18 Jah­re lan­gen Krieg — Ame­ri­kas längs­ter Krieg, der sogar Viet­nam oder bei­de Welt­krie­ge zusam­men über­dau­er­te. Tat­säch­lich haben die Welt­mäch­te eine Tra­di­ti­on des Schei­terns in Afgha­ni­stan: Auf dem Höhe­punkt ihrer Macht schei­ter­ten sowohl die Bri­ten als auch das sowje­ti­sche Impe­ri­um an der Erobe­rung Afgha­ni­stans und ver­lo­ren Män­ner, Geld und Moral. Die Tali­ban sind sich natür­lich der Kriegs­mü­dig­keit der ame­ri­ka­ni­schen Öffent­lich­keit bewusst und sie wis­sen, dass Trump dazu neigt, die US-Trup­pen aus aus­län­di­schen Krie­gen abzu­zie­hen. Ein blo­ßer Rück­zug der US-Trup­pen wür­de jedoch den Ein­fluss der USA ver­rin­gern und könn­te dazu füh­ren, dass die Tali­ban das gan­ze Land über­neh­men.

Die afgha­ni­schen Wah­len haben gera­de Ashraf Gha­ni als Prä­si­dent bestä­tigt, aber die Tali­ban wei­gern sich immer noch, mit der afgha­ni­schen Regie­rung zu spre­chen und sehen sie als eine Mario­net­te der USA an. Doch Gha­ni zu igno­rie­ren, wäre eine gro­ße Belei­di­gung für das Staats­ober­haupt, wes­halb Trump sich mit ihm auf sei­ner Thanks­gi­ving-Rei­se traf.

Ange­sichts der US-Prä­si­dent­schafts­wah­len wäre es für den Kan­di­da­ten Trump am güns­tigs­ten, den Viet­nam­krieg der Neu­zeit zu been­den. Die New York Times ana­ly­sier­te, war­um der Abschluss die­ses Geschäfts für Trump eine Her­zens­an­ge­le­gen­heit wäre: “das sehn­süch­ti­ge Stre­ben nach dem gro­ßen Preis, das end­lo­se Stre­ben nach dem, was kein ande­rer Prä­si­dent erreicht hat, die Bereit­schaft, sich den Kon­ven­tio­nen zu wider­set­zen, die unbe­stän­di­gen Stim­mungs­schwan­kun­gen und die Stam­mes­kämp­fe.“
Ins­hal­lah. Was auch immer die Moti­va­ti­on ist, die­ser Deal könn­te end­lich einen lan­gen und blu­ti­gen Krieg been­den.

1. Das syri­sche Come­back — Wie die Tür­kei und Russ­land einen Krieg been­den konn­ten

Die Frie­dens­ge­sprä­che in Syri­en sind ein Schul­buch­bei­spiel für die Aus­wir­kun­gen einer ver­än­der­ten Hebel­wir­kung in den Ver­hand­lun­gen. Und ein Bei­spiel dafür, dass sich der wirk­li­che Deal abseits des Ram­pen­lichts abspielt.

Die offi­zi­el­len Gen­fer Ver­hand­lun­gen — der vier­te Ver­such — unter der Schirm­herr­schaft des UN-Son­der­ge­sand­ten für Syri­en Geir Peder­son, umfas­sen 150 offi­zi­el­le Ver­tre­ter: 50 regie­rungs­treue Dele­gier­te, 50 Oppo­si­tio­nel­le, die von der Tür­kei und Sau­di-Ara­bi­en weit­ge­hend unter­stützt wer­den, und 50 zivi­le Ver­tre­ter.

Der als “syri­sche Ver­hand­lungs­kom­mis­si­on” bekann­te Oppo­si­ti­ons­block ver­fügt jedoch kaum über mili­tä­ri­schen Ein­fluss und ist tief gespal­ten, for­dert aber den­noch das Aus­schei­den Assads aus dem Amt und die Ein­füh­rung einer neu­en Ver­fas­sung. Als die syri­sche Regie­rung die Kon­trol­le über fast das gesam­te Land zurück­ge­won­nen hat, eröff­ne­te der Ko-Vor­sit­zen­de der Oppo­si­ti­on, Hadi al-Bahra, die Gen­fer Gesprä­che in aller Beschei­den­heit: “Es ist Zeit für uns zu glau­ben, dass der Sieg in Syri­en Gerech­tig­keit und Frie­den bedeu­tet, nicht den Krieg zu gewin­nen.” Assad mach­te deut­lich, wie ernst er die Ver­hand­lun­gen nimmt, indem er deut­lich mach­te, dass sei­ne eige­ne Dele­ga­ti­on kei­ne Auto­ri­tät hat: “Die syri­sche Regie­rung ist weder an die­sen Ver­hand­lun­gen noch an die­sen Gesprä­chen betei­ligt”.

Die ein­zi­ge Kraft, die Assad ernst nimmt, sind die syri­schen kur­di­schen Mili­zen, die immer noch den ölrei­chen Nord­os­ten des Lan­des kon­trol­lie­ren. Aber die Kur­den sind auf­grund eines Vetos der Tür­kei, die sie als Teil der Kur­di­schen Arbei­ter­par­tei (PKK), dem Ver­fech­ter eines sozia­lis­ti­schen natio­na­lis­ti­schen Staa­tes, betrach­tet, von den Gesprä­chen aus­ge­schlos­sen wor­den. In einer Anfra­ge der Außen­po­li­tik bestä­tig­te ein Spre­cher des US-Außen­mi­nis­te­ri­ums in Genf die Unter­stüt­zung der “Bevöl­ke­rung Nord­ost-Syri­ens” — was nur die Kur­den bedeu­ten könn­te. Die USA haben jedoch einen Groß­teil ihres Ein­flus­ses auf­ge­ge­ben, als sie ihre ehe­ma­li­gen Ver­bün­de­ten durch den Rück­zug ihrer Trup­pen im Stich lie­ßen. Die USA wol­len ihre Bezie­hun­gen zur Tür­kei nicht wegen der kur­di­schen Unab­hän­gig­keit rui­nie­ren.

Der UNO-Gesand­te Peder­sen for­der­te alle Län­der auf, die Gen­fer Ver­hand­lun­gen als einen aus­schließ­lich “syrisch geführ­ten Pro­zess” zu ver­las­sen. Es ist zu spät, die Syri­sche Kri­se ist zu einem Kampf zwi­schen den USA, der Tür­kei, Russ­land und dem Iran gewor­den. Zumin­dest sit­zen alle rele­van­ten Par­tei­en im sel­ben Raum.

Assad selbst ist nicht sehr an Ver­hand­lun­gen inter­es­siert, denn die Zeit hat ihn stär­ker denn je gemacht. Die Kur­den sind gezwun­gen, einen Deal mit Assad aus­zu­han­deln, aber zu sei­nen Bedin­gun­gen. Dies wird die ein­zi­ge Ver­hand­lung sein, die einen acht­ein­halb Jah­re andau­ern­den Bür­ger­krieg been­den könn­te, nach­dem fast die Hälf­te der Bevöl­ke­rung ver­trie­ben und 65 % der syri­schen Infra­struk­tur zer­stört wur­de.

Wie der Ko-Vor­sit­zen­de der Oppo­si­ti­on, Hadi al-Bahra, zu Recht sag­te: “Ohne einen ech­ten poli­ti­schen Wan­del kann Assads Regime sei­ne Bezie­hun­gen zu den Staa­ten nicht nor­ma­li­sie­ren, der Ara­bi­schen Liga nicht wie­der bei­tre­ten, kei­ne Befrei­ung von den Sank­tio­nen und kei­nen Wie­der­auf­bau errei­chen. Tat­säch­lich könn­ten die Tür­kei und Russ­land tat­säch­lich eine Lösung für das Pro­blem fin­den — abseits der 150 Dele­gier­ten.

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